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~ Léon und Louise ~

Die letzte (und auch wirklich last-minute) Rezension in diesem Jahr gibt es passender-weise zu einem Titel, den ich schon fast das ganze Jahr lesen wollte, genauer: seit ich im Rahmen der Leipziger Buchmesse eine Lesung mit dem Autor, Alex Capus, besucht habe. Denn unabhängig davon, dass Herr Capus durchaus Alleinunterhalter-Qualitäten besitzt, ließ auch die Inhaltsangabe seines Romans „Léon und Louise“ auf ein anspruchsvolles Lesevergnügen hoffen. Das titelgebende Paar lernt sich während des Ersten Weltkriegs kennen, wird jedoch bald darauf durch einen Fliegerangriff auseinander gerissen. Beide halten den jeweils anderen für tot und ihr Leben verläuft in ganz unterschiedlichen Bahnen. Während Léon heiratet und eine Familie gründet, bleibt Louise der unabhängige Freigeist, der sie schon immer war. Zehn Jahre später begegnen sie sich in der Pariser Métro wieder – und obwohl sie nicht zusammen sein können, ist die Anziehungskraft zwischen ihnen ungebrochen…

Alex Capus ist ein wunderbarer Erzähler, der mit Léon und Louise ein ganz besonderes Liebespaar geschaffen hat, das der Zeit und allen Konventionen trotzt. Und dabei gerät der Roman nie zur Schnulze, sondern betont ganz klar auch immer wieder die Bedeutung von Aufrichtigkeit und Verantwortungsgefühl. Denn Léon steht zu dem Lebensweg, den er eingeschlagen hat, und wenn auch Louise seine Seelenverwandte ist, begegnet er Yvonne, seiner Frau, doch stets mit Respekt und tiefer Zuneigung. Das und die Tatsache, dass Léon, Louise und Yvonne so ganz unterschiedliche Persönlichkeiten sind (von denen aber jeder auf seine Art überzeugend ist), hebt diese Dreiecksgeschichte für mich weit über andere Geschichten dieser Art hinaus. Besonders Louise hat es mir angetan, mit ihrer forschen Art, die sie gleichzeitig spröde und doch humorvoll, distanziert und zugleich zärtlich sein lässt.

Gleichzeitig verleiht der historische Hintergrund dem Roman eine besondere Tiefe, denn Capus bindet auch den Alltag im von den Nationalsozialisten besetzten Frankreich bewusst in die Handlung ein. Besonders deutlich wird das z.B. durch Léons Drahtseilakt zwischen Konformität (um seine Familie nicht zu gefährden) und „résistance“, zumindest im Kleinen. Gerade durch die Gefahren und Entbehrungen, denen sich sowohl Louise als auch Léon und seine Familie ausgesetzt sehen, hat der Roman für mich eher nichts märchenhaftes, sondern – gerade durch Léons Festhalten an dem, was „richtig“ ist – auf angenehme Weise etwas sehr bodenständiges. Und so ist auch die Beziehung von Léon und Louise keine jugendliche Liebelei. Beziehungsweise mag sie durchaus als solche beginnen, wächst aber über die Jahre weit darüber hinaus, wird gemäßigter, vernünftiger und vielleicht gerade deshalb auch beständiger, sodass sie letzten Endes sogar zwei Weltkriege und Jahrzehnte des Getrenntseins überdauert.

~ Fazit ~

„Léon und Louise“ war nicht ganz so „episch“, wie ich das vielleicht erwartet hätte, doch Alex Capus hat nichtsdestotrotz eine sehr schöne, kurzweilige und ganz unkitschige Geschichte geschrieben über ein charmantes Paar, das vom Schicksal immer wieder getrennt wird und doch – allen Widerständen zum Trotz – an seiner Liebe festhält.   

Titel: León und Louise
Autor: Alex Capus
Gebundene Ausgabe: 315 Seiten
Verlag: Hanser
ISBN: 978-3446236301

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